Kreislaufsystem

Das hämatocoelomatische Kanalsystem, das funktionell ein Blutgefäßsystem ist und in dessen Lumen gerichtet Blutflüssigkeit fließt, ist erstaunlich komplex aufgebaut, was am besten durch latexinjizierte Korrosionspräparate anschaulich gemacht wird. Im Blut gelöst kommt Hämoglobin vor, das etwa zur Hälfte am Sauerstofftransport beteiligt ist. Das Hämoglobin verleiht dem Blut eine rötlich-braune Farbe, die das Erkennen der hämatocoelomatischen Kanäle erleichtert.

Zunächst sieht man drei weite Kanäle, die von vorn nach hinten ziehen, zwei seitliche Lateralkanäle und einen ventralen Kanal, welcher das Bauchmark umschließt. Diese Kanäle und die von ihnen abzweigenden Äste mit ihren Capillaren (siehe unten) sind die schlauchförmigen Reste der Coelomhöhlen, die bei den meisten Hirudineen infolge der mächtigen Ausbildung von Binde- und Muskelgewebe sowie des Botryoidgewebes zurückgebildet sind. Die Botryoidzellen sind i. a. braunpigmentierte große Zellen, die oft zusammen mit flachen Endothelzellen das Lumen von kleinen Zweigen und Capillaren des hämatocoelomatischen Systems begrenzen. Die Botryoidzellen sind also hochspezialisierte v. a. nährstoffspeichernde Coelomepithelzellen.

Die Lateralkanäle haben eine muskulöse Wand, besitzen Herzfunktion und werden daher auch Röhrenherzen genannt. Sie treiben das Blut von hinten nach vorn. Jedes Lateralgefäß hat pro Körpersegment ein neurogenes Erregungszentrum im zugehörigen Ganglion des Bauchmarks, von dem aus jedes Segment bei 21 °C 6 – 15 Impulse pro Minute erhält.

Vom Lateralkanal gehen in einem Segment in regelmäßigen Abständen drei hämatocoelomatische Kanäle ab (Abb. 113 e): a) Ein latero-ventraler Kanal, der sich in einen vorderen und hinteren Ast verzweigt. Die terminalen Abschnitte dieser zwei Äste aus der linken und rechten Körperhälfte treffen sich im Bereich der ventralen Mittellinie und bilden die sogenannte ventrale rhomboide Kommissur. Diese kleinen Kanäle versorgen u. a. die Samenleiter, die Nephridien, die Harnblase und die ventrale Haut. b) Ein kontraktiler latero-dorsaler Kanal, der nach dorsal zieht und mit dem entsprechenden kontralateralen Kanal die latero-dorsale Kommissur bildet. Es versorgt u. a. die dorsale Haut und den Darmtrakt. c) Ein latero-lateraler Kanal, der u. a. die Muskulatur und die Haut der Körperseiten versorgt.

Im Verlauf der Seitenkanäle sind segmental kräftige muskuläre Sphinkter ausgebildet, die mithilfe lupenoptischer Präparation gut erkannt werden können. An den Abzweigungen der Seitenkanäle sind Sphinkter und Klappen ausgebildet, die den unidirektionalen Blutfluss garantieren. Das Blut der latero-lateralen und der latero-dorsalen Kanäle fließt in den Seitenkanal. Andersherum fließt Blut aus dem Seitenkanal in den latero-ventralen Kanal. Im Kopfbereich und im Bereich des kaudalen Saugnapfes sind die großen Längsgefäße miteinander verbunden.

Der ventrale Kanal versorgt über zwei abzweigende Äste und deren Capillaren v. a. dorsale und ventrale Haut, Nervensystem und auch die Nephridien.

Der Dorsalkanal verläuft leicht geschlängelt entlang der Mittellinie des Verdauungstraktes. Ihm fehlt Muskulatur in der Wand. Von im zweigen Seitenäste ab, die z. B. zur Darmwand und zur Haut ziehen.